Kann ein Unternehmen, welches über ein Qualitätsmanagementsystem mit festgelegten Strukturen und Abläufen verfügt, dynamisch und flexibel agieren? Oder verstößt es dann gegen alle definierten Standards? Immer wieder höre ich den Satz: „Wer erst einmal Prozesse festlegt, verliert jegliche Flexibilität“.  Das heißt also im Umkehrschluss, dass Agilität und Prozesse NICHT gleichberechtigt nebeneinander bestehen können!? Agilität – der Feind von Standards & Prozessen?


Agilität

ist die Fähigkeit eines Unternehmens sich aufgrund verändernder Rahmenbedingungen dynamisch und flexibel aufzustellen. Die  sich ändernden Wünsche der Kunden sowie der technologische Wandel stehen an oberster Stelle. Ziel ist das perfekte Produkt, dass den Anforderungen einer spitzen Nische zu 100 % entspricht, zu vermarkten. Die Organisation ist so schlank und effizient wie nur möglich aufgestellt.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Produkte schneller ausgeliefert oder Dienstleistungen schneller entwickelt werden können. Es bedeutet viel mehr, dass man die Anforderungen der Kunden und anderer interessierter Parteien fortwährend beobachtet und hinterfragt. Auch die kleinsten Fehler werden umgehend hinterfragt, die Ursachen identifiziert und Abläufe schnellstmöglich verändert. Nichts wird unter den Teppich gekehrt, sondern angesprochen und ohne weitere Verurteilung geändert. Oberste Devise: Fehler passieren, sie sollten sich nur niemals wiederholen.

Voraussetzung hierfür ist eine sich selbst-optimierende und selbst-lernendeUnternehmenskultur. Sie überträgt dem Mitarbeiter ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Ein in sich schlüssiger Kreislauf (Managementsystem) wird implementiert:

  • Menschen befähigen
  • Vertrauenskultur schaffen
  • seine Kunden lieben
  • iterative Prozesse leben
  • interdisziplinäre Strukturen schaffen
  • Selbstverantwortung fördern

Zahlen, Daten & Fakten liegen tagesaktuell vor. Aktuelle Veränderungen können frühzeitig erkannt werden. Auch wenn die Unternehmensziele weiterhin das Große Ganze im Blick haben, werden unter dieser Ebene nur noch Projektziele mit kurzen Zeithorizonten definiert.

Auch der Aufbau der personellen Strukturen gestaltet sich neu. Das Organigramm dreht sich und der Kunde steht an oberster Stelle. Die Managementebene ist vor allem dafür zuständig, den Mitarbeitern alle benötigten Ressourcen bereitzustellen. Der Mitarbeiter entscheidet jedoch, wie er diese am besten einsetzt. Rollendefinitionen zeigen auf, wer für welche Tätigkeit zuständig ist. Teams arbeiten interdisziplinär zusammen. Führungsposten werden je nach Situation und Anforderung Projektweise festgelegt.

Prozesse & Standards

All diese Faktoren sind auch im klassischen Qualitätsmanagement wiederzufinden. Die Kundenorientierung und die ständige Verbesserung stehen an oberster Stelle. Auch dem Führungs- & Ressourcenmanagement wird eine wichtige Rolle zugeschrieben. Ohne Strukturen und definierte Verantwortlichkeiten kann kein Qualitätsmanagementsystem bestehen. Das heißt, die oben genannten Elemente sind den acht Grundsätzen des Qualitätsmanagements sehr ähnlich.

Die Interpretation der Umsetzung unterscheidet sich

Der Plan-Do-Check-Act-Zyklus tritt etwas in den Hintergrund, da die Selbstbefähigung und Selbstverantwortung der Mitarbeiter sowie das Zusammenarbeiten in interdisziplinären Strukturen diesen als selbstverständliche und nicht mehr zu hinterfragende Grundlage der Arbeit ansieht. Auch das Definieren von Prozessen spricht nicht dagegen. Denn hier wird nur festgelegt, wer welche Aufgaben zu welchem Zeitpunkt mit welchem Ergebnis auszuführen hat. Das „Wie“ der Ausführung wird nicht definiert.

Für uns ergibt sich daher ein schlüssiges Zusammenwirken von Agilität und Qualitätsmanagement. Die Methodik der Agilität stellt eine Art und Weise dar, wie die Vorgaben eines Qualitätsmanagementsystems in der Praxis umgesetzt werden können.

Wie man die Methodik der Agilität im beruflichen Alltag umsetzt und auf welche Schwierigkeiten man stoßen kann, wollen wir in den nächsten Wochen weiter beleuchten.
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